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Lehrveranstaltungen im SoSe 2006

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Vorlesungen

 

Birgit Studt

Europa im Spätmittelalter. Von der Stauferzeit bis zur Wahl Karls V.

 

Termin: Do 11 - 13h, HS 2004

Kommentar: Im Rahmen der achtsemestrigen Überblicksvorlesung behandelt diese Veranstaltung die Zeit von ca. 1215 bis zu den Anfängen der reformatorischen Bewegung zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Wie kaum einer anderen Epoche werden dem späteren Mittelalter Vielfalt und Gegensätzlichkeit attestiert, was gleichzeitig zu seiner kontroversen Einschätzung als Zeit des Verfalls und Niedergangs, aber auch als Aufbruch in die Neuzeit geführt hat. Daher sollen nicht nur Höfe und Staatenwelt, sondern auch die häufig als krisenhaft beschriebenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den Blick genommen werden. Frömmigkeit und Reformbewegungen, die zunehmende Internationalisierung der Reiche und Regionen Europas mit der Durchsetzung des Kirchenrechts und der Intensivierung der kurialen Verwaltungspraxis werden ebenso thematisiert werden wie die Bildungsbewegung von Humanismus und Renaissance, die Verdichtung der Kommunikation während der großen Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts und die Expansion der Laienbildung. Nicht zuletzt ist auf die Bedeutung des Buchdrucks für die rasche Verbreitung von neuen Ideen und Konzepten einzugehen.

Literatur: Ulf Dirlmeier / Gerhard Fouquet / Bernd Fuhrmann: Europa im Spätmittelalter, 1215-1378 (Oldenbourg Grundriß der Geschichte 8). München 2003; Erich Meuthen: Das 15. Jahrhundert (Oldenbourg Grundriß der Geschichte 9). München 31996.

 

 

Hauptseminare

 

Birgit Studt

Kaiser Sigismund (1368-1437) und seine Zeit

 

Termin: Mo 14 -16 Uhr; KG IV, ÜR 2

Kommentar: Die Zeit Sigismunds von Luxemburg, seit 1387 König von Ungarn, seit 1410/11 König und seit 1433 Kaiser des Hl. Römischen Reichs, ist geprägt durch bedeutende politische, kulturelle und religiöse Veränderungen. In einem weit ausgedehnten Herrschaftsraum mit unterschiedlichen sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen und Herausforderungen, entfaltete er eine ganz Europa überspannende Diplomatie, spielte eine zentrale Rolle bei der Wiederherstellung der Kircheneinheit und der Kirchenreform auf den Konzilien von Konstanz bzw. Basel, gab wichtige Impulse für die Kirchen- und Verfassungspolitik und inspirierte den kulturellen Austausch und die Internationalisierung der Kunst. Das Seminar soll den familiären und dynastischen Voraussetzungen von Sigismunds persönlicher Politik nachgehen und am Beispiel seiner Herrschaft zentrale Aspekte der europäischen Geschichte um 1400 untersuchen. Da hierbei auch kodikologische, ikonographische und heraldische Probleme behandelt werden, kann die Veranstaltung ggf. als Seminar der Historischen Hilfswissenschaften angerechnet werden. Beginn: 24.4.
Für das Ende des Sommersemesters ist eine Exkursion nach Luxemburg geplant, in deren Mittelpunkt die von Ungarn und Luxemberg organisierte Ausstellung "Sigismundus rex et imperator, 1387-1437" stehen wird.

Literatur: Jörg K. Hoensch: Kaiser Siegmund. Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit, 1368-1437. München 1996; Martin Kintzinger: Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa. Auswärtige Politik zwischen dem Reich, Frankreich, Burgund und England in der Regierungszeit Kaiser Siegmunds. Stuttgart 2000; der Katalog zur Ausstellung in Budapest und Luxemburg erscheint im März 2006.


 

Proseminare (mit Pflichttutorat)

 

Birgit Studt

Geschichte der Stadt im Mittelalter

 

Termin: Mi 11 -13h; KG IV, ÜR 2

Kommentar: Das Proseminar möchte anhand der besonderen Sozialform der mittelalterlichen Stadt in die Grundzüge der mittelalterlichen Geschichte einführen. Im Vordergrund steht die Einübung in die Methoden und Arbeitsweisen der Mediävistik. Das Themenspektrum reicht von der Stadtbildung unter topographischen, wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Aspekten, über die Entstehung der Stadtgemeinde und ihres Rechts, die Selbstverwaltung und Schriftlichkeit, Sozialstruktur und Korporationsbildungen innerhalb der Stadt (von den Zünften bis zur Adelsgesellschaft), die Beziehungen zum Umland, das Verhältnis von Stadt und Kirche bis hin zur städtischen Repräsentation. Vorausgesetzt wird die Bereitschaft, Quellentexte (in der Regel lat. mit dt. Übersetzung) und Sekundärliteratur regelmäßig und intensiv vorzubereiten; die Übernahme eines Referats, eine Klausur und die Anfertigung einer schriftlichen Hausarbeit sowie der Besuch des Pflichttutorats sind weitere Bedingungen für den Scheinerwerb.

Literatur: Felicitas Schmieder: Die mittelalterliche Stadt (Geschichte kompakt). Darmstadt 2005; Eberhard Isenmann: Die deutsche Stadt im Spätmittelalter 1250-1500. Stadtgestalt, Recht, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft. Stuttgart 1988; begleitende Lektüre zum propädeutischen Teil: Martina Hartmann: Mittelalterliche Geschichte studieren (utb basics). Konstanz 2004 (zur Anschaffung empfohlen).

 

Oliver Münsch

Die Herrschaft der Normannen in Süditalien und Sizilien       

 

Termin: Dienstag   16:00 -  18h; Raum: ÜR 6, UB          

Kommentar: Bewußt beschränkt sich das Proseminar, das sich als Einführung in die Geschichte der Normannen versteht, räumlich auf Süditalien und Sizilien und rückt die Errichtung und Ausgestaltung der normannischen Herrschaft in den Vordergrund. Zeitlich nimmt es die Spanne von der Ansiedlung der Normannen in Unteritalien im frühen 11. Jahrhundert bis zum Ende der Dynastie im späten 12. Jahrhundert in den Blick. Folgende Themen werden im Zentrum des Seminars stehen: das Verhältnis der Normannen zum Papsttum, die Eroberung Siziliens durch Roger I., die Rolle der Normannen in der Kreuzzugsbewegung, die inneren Verhältnisse des Königreichs Sizilien (Recht und Verwaltung, Kirche, Kanzlei), die Beziehungen der Normannen zu den Staufern sowie ihre kulturellen und ökonomischen Kontakte zum Byzantinischen Reich. Ziel des Seminars ist es, den oft unterschätzten normannischen Einfluß auf die mittelalterliche Geschichte Europas zu verdeutlichen. Italienische Lesekenntnisse sind sehr vorteilhaft, aber nicht Bedingung für die Teilnahme.      

Literatur: Hubert Houben, Roger II. von Sizilien. Herrscher zwischen Orient und Okzident, Darmstadt 1997; Donald Matthew, The Norman Kingdom of Sicily, Cambridge 1992; Bernd Rill, Sizilien im Mittelalter. Das Reich der Araber, Normannen und Staufer, Stuttgart - Zürich 1995.

 

Oliver Münsch

Heinrich IV.    

 

Termin: Montag 16 - 18h; Raum: ÜR 7, UB

Kommentar: Der biographische Ansatz ist für die Erforschung mittelalterlicher Themen meist aufgrund der schlechten Quellenlage riskant, wenngleich seit Jahren zunehmend beliebt. Nun bietet der 900. Todestag Heinrichs IV. Gelegenheit, sich mit einer vergleichsweise gut dokumentierten Herrscherpersönlichkeit auf diesem Wege auseinanderzusetzen. Das Seminar fragt allerdings weniger nach Details aus Heinrichs Leben, sondern untersucht den Strukturwandel, der sich im späten 11. und frühen 12. Jahrhundert unter dem Eindruck der Auseinandersetzung zwischen weltlicher und geistlicher Gewalt im Reich und in ganz Europa vollzog, sowie das Verhältnis von traditionellen und innovativen Elementen in Heinrichs Herrschaftspraxis. Dabei werden Voraussetzungen und Verlaufsformen der Konflikte des Saliers mit den Sachsen, dem Papst, mit Teilen des weltlichen Adels und schließlich mit den eigenen Söhnen thematisiert. Auch wird zu fragen sein, ob und inwiefern heutige Historiker aus äußerst widersprüchlichen Quellenaussagen ein Bild der Persönlichkeit Heinrichs IV. oder gar seines Charakters gewinnen können.      

Literatur: Uta-Renate Blumenthal, Der Investiturstreit, Stuttgart u.a. 1982; Egon Boshof, Heinrich IV. Herrscher an einer Zeitenwende, 2. Aufl., Göttingen - Zürich 1990; Ian Stuart Robinson, Henry IV of Germany, 1056-1106, Cambridge 1999; Die Salier und das Reich. 3 Bde., hg. von Stefan Weinfurter, 2. Aufl., Sigmaringen 1992.      Voraussetzungen: Ausreichende Lateinkenntnisse und die Bereitschaft, ein sehr umfangreiches Lektüreprogramm zur Vorbereitung der einzelnen Sitzungen zu bewältigen.

 

Andreas Bihrer

Biographie im Mittelalter

 

Termin: Mi 14 - 16h, Peterhof HS 2

Kommentar: Das Seminar führt anhand der gemeinsamen Interpretation einer Herrscherbiographie des Frühmittelalters, einer hochmittelalterlichen Sammlung von Heiligenleben und einer humanistisch geprägten Lebensbeschreibung berühmter Frauen exemplarisch in Themen und Fragestellungen der mittelalterlichen Geschichte ein. Dabei wird die intensive Quellenarbeit im Mittelpunkt stehen.

Literatur: Einhard, Vita Karoli Magni. Das Leben Karls des Großen, Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Evelyn Scherabon Firchow, Stuttgart. Reclam 1975 (Universal-Bibliothek, Bd. 1996); Jacobus de Voragine, Legenda aurea, ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Rainer Nickel, Stuttgart: Reclam 1999 (Universal-Bibliothek, Bd. 8464); Giovanni Boccaccio, De claris mulieribus. Die großen Frauen, ausgewählt, übersetzt und kommentiert von Irene Erfen und Peter Schmitt, Stuttgart: Reclam 1995 (Universal-Bibliothek, Bd. 9341). Bitte erwerben (insgesamt ca. 18 Euro) und zur ersten Sitzung mitbringen. Voraussetzung: Die Bereitschaft aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer, auch umfangreiche Texte regelmäßig und gründlich vorzubereiten, ist eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Seminar. Weitere Voraussetzungen für den Scheinerwerb sind Referat, Klausur und Hausarbeit sowie der Besuch des Tutorats (Mo. 9 – 11h).

 

 

Übungen


Birgit Studt

Politik und Zeitgeschichte. Neue Formen historischen Wissens im 15. Jahrhundert

 

Termin: Di 14 - 16h; HS 1136

Kommentar: In der politischen Kommunikation auf den Konzilien und Reichstagen des 15. Jahrhunderts entwickelten sich neuartige Formen historiographischer Dokumentation, die auf der Sammlung von zeitgeschichtlichen Materialien basierten: Kanzleischrifttum und politische Publizistik wurden chronologisch oder systematisch zusammengebunden und kommentiert, um so den verschiedensten Zwecken praktischer Politik zu dienen: vom Argumentationsarsenal in politisch-diplomatischen Auseinandersetzungen über die Statusrepräsentation und Selbstversicherung gesellschaftlicher Führungsschichten bis hin zur zeremonialen Kommunikation, die von Repräsentanten der Päpste, Kaiser und Fürsten in der politischen Öffentlichkeit von Kirche und Reich entfaltet wurde.
Im Mittelpunkt der Übung steht die Lektüre ausgewählter Texte aus einem Korpus frühneuhochdeutscher, lateinischer sowie zweisprachig verfaßter Schriften (Eberhard Windecke, Andreas von Regensburg, Ulrich Richental, Henmann Offenburg, Aeneas Silvius Piccolomini, Agostino Patrizi u.a.).
Ziel ist es, anhand dieser noch nie im Zusammenhang untersuchten und in nur unzureichender Weise edierten Schriften unter Berücksichtigung der handschriftlichen Überlieferung die Bedeutung dieses neuen Typs von Geschichtsschreibung im politischen Alltag jener Zeit auszuloten. Da hierbei auch kodikologische, überlieferungsgeschichtliche und heraldische Probleme behandelt werden, kann die Veranstaltung ggf. auch als Seminar der Historischen Hilfswissenschaften angerechnet werden.

Literatur: Rolf Sprandel: Chronisten als Zeitzeugen. Forschungen zur spätmittelalterlichen Geschichtsschreibung in Deutschland. Köln u.a. 1994, bes. S. 93-103.

 

Andreas Bihrer

Eidgenössische Chronistik vom 14. bis zum 16. Jahrhundert

 

Mi 16 - 18h; KG I, HS 1222

Kommentar: Die Eidgenossenschaft ist nur in zweiter Linie als ein Produkt politisch-sozialer Prozesse zu verstehen, sie war vornehmlich eine Erfindung spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Chronisten. Anhand der gemeinsamen Lektüre und Interpretation eidgenössischer Chroniken werden wir die Stiftung kollektiver Mythen und Traditionen, wie den Rütli-Schwur, den Apfelschuss Wilhelm Tells oder die eidgenössischen Befreiungskriege nachverfolgen, in ihren zeitgeschichtlichen Kontext einordnen und nach den Wirkungen dieser Konstruktionen fragen, um so die integrierende Macht von Geschichtsschreibung bei der Entstehung vormoderner Nationen nachvollziehen zu können. Die Übung führt zugleich in die Schweizergeschichte und in die mittelalterliche Chronistik als Quellengattung ein.