Lehrveranstaltungen im WiSe 2010/2011
Vorlesungen
Sitta von Reden, Birgit Studt, Dietmar Neutatz
Einführung in die Geschichtswissenschaft
Mi. 10:00-12:00 Uhr, KG II HS 2004
Die Einführungsvorlesung ist die einführende Pflichtveranstaltung für alle Studierenden der BA-Studiengänge des Faches Geschichte sowie für alle Studienanfänger im Staatsexamen-Studiengang Geschichte. Hier werden sie mit den wichtigsten Gegenständen, Methoden, Fragestellungen und Hilfsmitteln des Geschichtsstudiums bekannt gemacht. Die Vorlesung ist in drei Teile geteilt, die den Epochen Alte Geschichte, Mittelalterliche Geschichte sowie Neuere und Neueste Geschichte folgen. Leitthema aller drei Teile ist die Frage, wie in europäischen Gesellschaften Herrschaft organisiert, begründet und wahrgenommen wurde, welche zeitgenössischen und historiographischen Vorstellungen von Staatlichkeit existierten und wie man heute die Wechselwirkung von gedachten und etablierten politischen Ordnungskonfigurationen beschreiben kann. Auf diese Weise können die sehr verschiedenen Gesellschaften, die in dieser über 2000 Jahre überblickenden Vorlesung behandelt werden, an Herrschaftsformen wie Demokratie und Monarchie, an informellen Bindungsmustern wie Freundschaft und Bruderschaften oder an Phänomenen wie Revolten und Revolutionen sowie in ihren politischen Sprachen, Symbolen und Repräsentationen untersucht und verglichen werden. Die Einführungsveranstaltung wird mit einer Klausur abgeschlossen und wird durch ein Tutorat begleitet, das an folgenden Terminen angeboten wird: Mi 12-14 h Mi 14-16 h Mi 16-18 h Fr 8-10 h Fr 10-12 h. Hier werden die einzelnen Vorlesungseinheiten durch gemeinsame Übungen und Lektüre von Quellen und Literatur vertieft. Der Besuch des Tutorats zu einem der angebotenen Termine ist obligatorisch. Auf einführende Literatur und zentrale Darstellungen der Forschung wird in der Veranstaltung ausführlich verwiesen.
Hauptseminare
Birgit Studt
Kulturen des Krieges im Mittelalter
Do. 16:00-19:00 Uhr, Breisacher Tor Raum 205
Kriegerische Ereignisse wurden im Mittelalter anders wahrgenommen und bewertet als in früheren oder späteren Epochen. Welche Ziel es zu erreichen galt, welche Mittel dafür eingesetzt werden durften, welches Verhalten im Kampf als angemessen galt, aus welchen Motiven heraus Menschen ihr eigenes Leben und das anderer riskierten, wie Gesellschaften exzessive Gewaltanwendung legitimierten und wie diese mit den Folgen von Krieg umgingen - die Antworten auf all diese Fragen hängen von einem komplexen Geflecht kulturell vermittelter Überzeugungen ab, die Gesellschaften prägten und selbst wiederum historischem Wandel unterlagen. Das Seminar wird sich weniger mit den praktischen, sächlichen und strategischen Aspekten des Kriegshandwerks beschäftigen, sondern sich vielmehr auf die Sprachen, Symbole und Rituale, die Begründung und Deutung sowie die Wahrnehmung und Erinnerung des Krieges konzentrieren. Im Mittelpunkt stehen die langfristigen Umbauprozesse im Spätmittelalter, als sich durch den Funktionswandel des Rittertums als Leitkultur der Eliten das Verhältnis von Kriegserfolg und Heldentum, von Ruhm und Ehre neu ausgehandelt wurde.
Literatur: Malte Prietzel: Krieg im Mittelalter. Darmstadt 2006.
Andreas Bihrer
Die Wikinger
Mo. 10:00-12:00, Breisacher Tor Raum 105
Das populäre Bild der Wikinger, das seine Entsprechung in der älteren geschichtswissenschaftlichen Forschung findet, zeichnet die Männer des Nordens entweder als unzivilisierte Barbaren, welche im Frühmittelalter Städte und Klöster in Mitteleuropa plünderten, oder als ein Volk, das Werte wie Gleichheit oder Unbestechlichkeit verkörpert. Die neuere Forschung hat diese Vorstellungen auf drei Ebenen zu korrigieren versucht: Sie sieht die Wikinger als traders und nicht als raiders (Sawyer), sie analysiert die Siedlungstätigkeit der Wikinger unter der Perspektive der Kulturkontakte bzw. der Assimilationsprozesse (Hadley/Richards), und sie untersucht Handeln und Repräsentation nordischer Könige, die sich schnell und bereitwillig in die Reihe der christlichen Könige eingeordnet und deren Herrschaftsformen kopiert hätten (Bolton). Diese Entwürfe der neueren Forschung besitzen als Hintergrund offensichtlich das gegenwärtige Wunschbild eines geeinten Europas, dessen Grundlage wiederum moderne westliche Werte bilden.
In dem Hauptseminar werden wir durch eine intensive Quellenlektüre dieses harmonisierende Bild der gegenwärtigen Forschung überprüfen und nach anderen Deutungsperspektiven fragen. Die Literatur zum Seminarthema ist fast ausschließlich in englischer Sprache abgefasst. Da beabsichtigt ist, populäre Vorstellungen über die Wikinger mit der aktuellen Forschungsdiskussion und den in der Schule vermittelten Konzepten zu vergleichen, kann das Hauptseminar nur zusammen mit der Übung zur Fachdidaktik von Dr. Nicola Eisele-Brauch (Di, 12–14h) besucht werden. Dies gilt auch für Studierende der B.A.-, der Master- und der Magisterstudiengänge, die an beiden Veranstaltungen teilzunehmen haben; ein ECTS-relevanter Übungsschein kann neben dem Hauptseminarschein erworben werden.
Literatur: Sawyer, Birgit/Sawyer, Peter, Die Welt der Wikinger (Die Deutschen und das europäische Mittelalter, Bd. 1), München 2002; Hadley, Dawn M./Richards, Julian D. (Hg.), Cultures in Contact. Scandinavian Settlement in England in the Ninth and Tenth Centuries (Studies in the Early Middle Ages, Bd. 2), Turnhout 2000; Bolton, Timothy, The Empire of Cnut the Great. Conquest and the Consolidation of Power in Northern Europe in the Early Eleventh Century (The Northern World, Bd. 40), Leiden/Boston 2009.
Proseminare
Birgit Studt
Stadt und Urbanität im Spätmittelalter
Do. 08:00-10:00 Uhr, Breisacher Tor Raum 105
Üblicherweise wird die mittelalterliche Stadt als ein besonderer, von Mauern umgrenzter Lebens- und Rechtsbereich verstanden. Auch in der Selbstwahrnehmung der mittelalterlichen Stadt war diese durch Mauern „gemacht“, die sie aus ihrer ländlichen Umgebung hervorhoben. Demgegenüber sollen in diesem Seminar jene Aspekte des Stadtbegriffs in den Vordergrund gestellt werden, die in der Idee der Urbanität, einer spezifisch städtischen Lebensform und Qualität von Soziabilität wurzeln. Diese kam erst im Verlauf des späteren Mittelalters zum Tragen, im Bereich von Kommunikation und Handel, von Wissensvermittlung und Religion in kirchlichen und weltlichen Institutionen (Schulen, Klöstern und Stiften), der Organisation und Repräsentation von Gruppen durch geistliche und weltliche Rituale und Festlichkeiten, aber natürlich auch auf den „klassischen“ Feldern von Recht, Verfassung und Verwaltung, Fürsorge (Stiftungen und Bruderschaften) und „Policey“.
Literatur: Eberhard Isenmann: Die deutsche Stadt im Spätmittelalter 1250-1500. Stadtgestalt, Recht, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft. Stuttgart 1988; David M. Palliser (Hg.): The Cambridge urban history of Britain. Vol. I: 600-1540. Cambridge 2000; Frank G. Hirschmann: Die Stadt im Mittelalter (EdG 84). München 2009.
Michael Matzke
Von Jerusalem nach Heitersheim - der Johanniter-Orden im Mittelalter
Do. 16:00-18:00 Uhr, Bismarckallee 22 Raum 1
Der Johanniter-Orden ist nicht nur einer der ersten kirchlichen Orden überhaupt und wurde rasch zu einem der mächtigsten Ritterorden des Mittelalters, sondern er erlebte und überlebte auch im Laufe seiner fast tausendjährigen Geschichte mehrere tief greifende Transformationsprozesse, die bis heute reichen. Diese Geschichte spannt sich von einer Jerusalemer Hospitalbrüderschaft im 11. Jahrhundert über den rasanten Ausbau in der Kreuzzugszeit, die Umformung in einen Ritterorden und die Phase als führende Seemacht im östlichen Mittelmeerraum bis zum Malteser Ordensstaat und deutschen Territorialherrn im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit, um zuletzt wieder mit Unfalldienst und Krankenfürsorge an seine Wurzeln zurückzukehren. So eignet sich die Geschichte dieses Ordens besonders gut für die exemplarische Betrachtung wichtiger Themenbereiche der Mittelalterlichen Geschichte und ihrer Quellen, die die Kirchen- und Ordensgeschichte, die Kreuzzugs- und Wirtschaftsgeschichte sowie die Regionalgeschichte der Ordensterritorien im spätmittelalterlichen Reich umfassen.
Literatur: Theresa M. Vann, s.v. Hospital, Order of the, in: Alan V. Murray (Hg.): The Crusades. An Encyclopedia, Bd. II, Santa Barbara 2006, S. 598-606; Rudolf Hiestand, Die Anfänge der Johanniter, in: J. Fleckenstein /M. Hellmann (Hgg.): Die geistlichen Ritterorden Europas (Vorträge und Forschungen, 26), Sigmaringen 1980, S. 31-80; Walter Gerd Rödel, Das Großpriorat Deutschland des Johanniter-Ordens im Übergang vom Mittelalter zur Reformation anhand der Generalvisitationsberichte von 1494/5 und 1540/1, 2. Aufl., Köln 1973.
Nicola Brauch
Die atlantische Welt 1400-1600
Di. 08:00-10:00 Uhr, KG I HS 1231
Seit 1453 waren die traditionellen Handelswege der Europäer in den Orient durch die Machtübernahme der Osmanen versperrt. Nun galt es, über den Seeweg nach Indien zu gelangen, und dies setzte einen Innovationsschub der Seefahrt in Gang, der sich in mehreren Weltumsegelungen, der Entdeckung Amerikas und auch auf die Architektur innereuropäischer Machtverhältnisse niederschlug. Die europäischen Protagonisten dieser atlantischen Entwicklung waren zunächst Spanier und Portugiesen, gegen deren Vorherrschaft Frankreich, vor allem aber die Niederlande und England im Lauf des 16. Jahrhunderts erfolgreich auf die Meere drängten. Das Seminar untersucht diese Entwicklungen exemplarisch an der Frage nach Voraussetzungen, Kontexten und Rezeptionsprozessen, die die schillernde Biographie des noch heute als Nationalheld gefeierten Sir Francis Drake ermöglichten. Bereitschaft zur schriftlichen Bearbeitung und Präsentation englischsprachiger Texte wird vorausgesetzt.
Literatur: Th. Benjamin, The Atlantic World, New York 2009;M. Borgolte et al. (Hrsg.), Mittelalter im Labor. Die Mediävistik testet Wege zu einer transkulturellen Europawissenschaft, Berlin 2008; R. Wendt, Vom Kolonialismus zur Globalisierung. Europa und die Welt seit 1500, Paderborn 2007.
Übung
Andreas Bihrer
Schlüsseltexte der Mediävistik - Mentorat zur Geschichte des Mittelalters
Mo. 14:00-16:00 Uhr, Breisacher Tor Raum 103
Modernes Mittelalter? Unser Bild der Geschichte des Mittelalters verändert sich beständig. Aus diesem Grund ist es lohnend, sich mit den neuesten Ansätzen und aktuellen Strömungen der Mediävistik zu befassen und damit den "State of the Art" kennenzulernen. Indem im Mentorat die neuesten Fragestellungen und Methoden mit etablierten Schlüsseltexten verglichen werden, können die Perspektiven des Fachs geprüft und diskutiert werden. Das Mentorat dient somit dazu, einen schnellen Zugriff auf die Geschichte der Mediävistik und die Ansätze der aktuellen Forschung zu gewinnen. Durch die gemeinsame Beschäftigung mit den Texten sollen zudem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Anregungen für die eigene (Abschluss-)Arbeit erhalten. Die Veranstaltung richtet sich nicht nur an Studierende des Masterstudiengangs, sondern auch an Studierende aller weiteren historischen Studiengänge.
Literatur: Borgolte, Michael u.a. (Hg.), Mittelalter im Labor. Die Mediävistik testet Wege zu einer transkulturellen Europawissenschaft (Europa im Mittelalter, Bd. 10), Berlin 2008; Goetz, Hans-Werner, Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung, Darmstadt 1999; Goetz, Hans-Werner/Jarnut, Jörg (Hg.), Mediävistik im 21. Jahrhundert. Stand und Perspektiven der internationalen und interdisziplinären Mittelalterforschung (MittelalterStudien, Bd. 1), München 2003.
Kolloquien
Birgit Studt
Examenskolloquium
Fr. 08:00-10:00 Uhr
Das Kolloquium wendet sich an Examenskandidaten/innen und fortgeschrittene Studierende. Es dient der Vorbereitung auf das Examen (Klausur, mündliches Staatsexamen, Magisterprüfung).
Birgit Studt
Oberseminar
In der Veranstaltung werden laufende und kürzlich abgeschlossene Forschungsvorhaben vorgestellt sowie neuere methodische Ansätze, aktuelle Kontroversen oder zentrale Neuerscheinungen zur historischen Mediävistik diskutiert. Es richtet sich an fortgeschrittene Studierende, Examenskandidaten/innen und Doktoranden/innen. Das Seminar findet als Kompaktveranstaltung statt.
Nur auf persönliche Einladung.