Forschungsvorhaben, Veit Groß
Im Kampf um die Teilhabe am politischen Diskurs. Wahrnehmung und Kommunikation der politischen Ideen ländlicher Aufständischer im europäischen Hoch- und Spätmittelalter.
In den letzten Jahren wurde das Phänomen der spätmittelalterlichen Revolten in internationalen Forschungszusammenhängen aus neuen Perspektiven in den Blick genommen. Zum einen wurde dabei gefragt, wie sich die Probleme lösen lassen, welche die Quellen aufwerfen, die in dieser Epoche so gut wie keine Selbstzeugnisse enthalten. Zum anderen wurden die neueren kulturgeschichtlichen Impulse aufgenommen, so dass das Forschungsfeld nun nicht mehr so sehr mit Begriffen wie „Unruhe“ und „Revolte“ assoziiert ist, Begriffe die stets die obrigkeitliche Perspektive einnehmen, sondern als „popular politics“ verstanden wird. Es wurden verstärkt Ereignisse in den Blick genommen, bei denen eigentlich marginalisierte Gruppen die politische Bühne betraten – und zwar nicht als irrationale Naturgewalt, wie die Quellen oftmals suggerieren, sondern als rationale Akteure. Mein Projekt untersucht in Anlehnung an die soziologische Bewegungsforschung die Strategien der Aneignung von verfügbaren politischen Ressourcen, mit denen im Spätmittelalter Protest mobilisiert wurde und wie es subalternen Gruppen so immer wieder gelingen konnte, die eigene prekäre politische Position zu verlassen. Diese Gedanken sollen am Stedingerkrieg bei Bremen (bis 1234), der „Peasants‘ Revolt“ in England (1381) und der „Niklashäuser Wallfahrt“ in Franken (1476) verdeutlich werden. Der Fokus liegt dabei auf einem Aspekt, der bisher vernachlässigt wurde, nämlich welche engen Grenzen diesen Strategien gesetzt waren und inwiefern diese Grenzen auch ein Produkt der angeeigneten Ressourcen waren.